· 

Der Tote in der Kapelle

Oder: Ein undurchsichtiger Fall

Ich habe schon ewig nicht mehr so lange an einem Buch gelesen, wie diesen. Dies ist zum einen meiner fehlenden Lesezeit als Mutter zuzuschulden, aber auch daran, dass ich mich habe vom Cover blenden lassen.

Aber mal zu Anfang.

Worum geht es eigentlich?

Das ist eine gute Frage und man wird als Leser auch nicht ganz schlau draus.

Die Rahmenhandlung bei "Der Tote in der Kapelle"* geht darum, dass ein gewisser Engländer namens Hugo Hawksworth gemeinsam mit seiner Schwester in das Provinzstädtchen Selchester zieht. Aufgrund eines Berufsunfalls kann er seiner eigentlichen Tätigkeit nicht mehr nachgehen und wird in einem Außenposten zur Schreibtischarbeit verdonnert. Was genau er vorher gemacht hat, wie es zur Verletzung gekommen ist und was nun seine Aufgabe ist, wird nie klar definiert. Allerdings liegt die Vermutung nahe, dass er beim Geheimdienst/Nachrichtendienst tätig ist.

Gemeinsam mit der Schwester wird er in der hiesigen Burg untergebracht, wo vor sieben Jahren der Earl an einem verschneiten Abend plötzlich spurlos verschwunden ist, trotz dass Gäste anwesend waren.

Seit diesen sieben Jahren ist weder die Leiche aufgetaucht, noch ist sonst was tolles passiert. Es war nämlich der zweite Weltkrieg.

Dann eines Nachmittags, als zwei Bauarbeiter in der Kapelle arbeiteten, entdeckten sie plötzlich eine Leiche unter den Steinfliesen. Natürlich war Hugo Hawksworth sofort zur Stelle und natürlich handelte es sich hierbei um den verstorbenen Lord Selchester.

Als die Polizei voreilige Schlüsse zieht und versucht, den Mord den ebenfalls toten Sohn anzuhängen, versuchen Hugo und Freya, die Nichte des Earls, welche in der Burg haust, den wahren Täter zu finden, indem sie den Abend von vor sieben Jahren rekonstruieren.

Durchdacht oder nicht?

Leider ist die Geschichte bei Weitem nicht so spannend, wie es sich jetzt auf den ersten Blick anhört, denn auf den gefühlt ersten 200 Seiten passiert so gut wie gar nichts. Langweiliges Geplätscher, überflüssige Vorstellung neuer Charaktere, die nichts mit der Geschichte im eigentlichen Sinne zu tun haben. Ein weiterer Toter wird aufgefunden; auch das hat rein gar nichts mit der eigentlichen Handlung zu tun.

Zum Ende hin, nimmt die Story dann doch ein wenig Fahrt auf, ein Teil der Familiengeschichte kommt zum Vorschein. Besonders prägnant wird die Tochter des Lords, Sonia dargestellt. Und zwar als biestige, egoistische und herzlose Frau, der es nur um Geld geht.

Ohnehin wird es dem Leser sehr schwer gemacht, irgendeine Sympathie zu irgendeinem Charakter aufzubauen. Denn keiner der im Buch beschriebenen Personen wird en detail dargestellt. Man kratzt lediglich an und meist bleiben zum Schluss lose Enden im Raum, von Geschichten, die daraus hätten werden können.

Um auch ein positives Wort zu verlieren möchte ich einmal das Pferd Last Hurrah erwähnen, welches nicht nur durch seinen Namen besticht, sondern auch durch seinen bockigen Charakter.

Was mir auch Gefallen hat, waren die wenigen saloppen Sprüche, die in dem Roman verstreut waren. (Siehe Zitat)

Wenden wir uns widerum dem Ende des Buches zu, habe ich leider schlechte Neuigkeiten: Die Autorin hat quasi ein offenes Ende gelassen, obwohl ich den Roman als eigenständigen Titel betrachte, keiner Reihe zugehörend. Jedoch gibt es sowohl einen weiteren Teil, als auch einen dritten Teil, geschrieben durch den Sohn der Autorin.


Zitat

"Da ist zwischen Tweed und Twinset bestimmt eine Stahlstange verborgen." (S. 153)


Fazit

Ich könnte noch einiges über diesen Kriminalroman schreiben, aber das Urteil würde negativer ausfallen, als ich möchte.

Mich fuchst es sehr, auf das interessante Cover hereingefallen zu sein, welches einen nostalgischen Krimi mit Ladys und Gentlemens verspricht. Der Inhalt lässt jedoch zu wünschen übrig.

Auch, dass der Roman "Die perfekte Mischung aus Downtown Abbey und Agatha Christie" (siehe Buchrückseite) sein soll, ist für mich nicht nachvollziebar.

Ebenfalls unverständlich: Elizabeth Edmondson hat mehrere erfolgreiche Romane geschrieben und soll durch diesen Roman in Großbritannien zum Puplikumsliebling avanciert sein. Leider ist die Autorin bereits verstorben.

Für mich, kann ich keine Empfehlung aussprechen, egal in welche Richtung.

Sicher hat der Roman seine Stärken und für jemand anderes ist es vielleicht der Bestseller schlecht hin. Ich glaube auch tatsächlich, dass diese Art von Krimi in der Originalsprache und bei den Briten gut ankommt. Für mich jedenfalls hat der Roman optisch und vom Klapptext her, mehr versprochen, als er halten konnte.

Ich mag eben ausgeklügelte Fälle, gut durchdachte Handlungen, Charaktere, die wahrhaftig sind. Und all das kann "Der Tote in der Kapelle" für mich leider nicht bieten.

(Quelle: Der Tote in der Kapelle, Elizabeth Edmondson, Goldmann, 10,00 €, ISBN: 978-3-442486120)

 

*Das Buch wurde mir freundlicherweise vom Verlag zur Rezension zur Verfügung gestellt.


Meine Krimi-Empfehlung:

Kommentare: 0