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Der Welten-Express

Oder: Ein rollendes magisches Internat

Der Kinder-und Jugendbuchroman "Welten-Express" von Anca Sturm hat deswegen Einkehr in mein Buchzuhause gefunden, weil ich ihn schon bei mehreren guten Buchbloggern #bookstagram gesehen habe und mich die Geschichte fasziniert hat.

Aber von Anfang an.

Diese Geschichte vom "Welten-Express" und ihren Passagieren ist der erste Teil einer Trilogie, was mir vorher nicht bewusst war und auch der Buchhändlerin nicht klar, die mir das Buch verkaufte. Aber sei es drum. Dazu später mehr.

Ich möchte gerne einmal optisch beginnen.

Der Roman ist etwas über 370 Seiten lang mit recht großer Schrift. Das Buch ist ein Hardcover mit Lesebändchen, was das ganze sehr wertig macht. Das Cover (ja ich bin ein Cover-Kind) ist besonders schön durchdacht, da es Hinweise zum Inhalt der Geschichte widerspiegelt. Außerdem ist es haptisch sehr ansprechend durch den glänzenden erhabenen Schriftzug und die Prägung der Tiere auf dem Titelbild.

Ich bin ebenfalls sehr angetan von der Art der Seitennummerierung und den Kapitelüberschiften.

Und nun zum Wesentlichen

Der Welten-Express ist ein wunderschöner alter magischer Zug, der vage an den Orient-Express erinnert. Neben der Lok gibt es insgesamt 24 Waggons mit unterschiedlichen Nutzen. Die Waggons werden altertümlich über die Verbindungsplattformen verbunden, über die man bei jedem Wetter gehen muss. Zu Beginn des Buches gibt es eine Liste, welcher Waggon für was dienlich ist. Dieser mit "Magietechnologie" betriebener Zug ist ein rollendes Internat für Kinder aus schwierigen Verhältnissen, aber mit Potential, eines Tages die Welt positiv zu verändern. Hier werden zukünftige Künstler, Wissenschaftler, Politiker etc. ausgebildet. Die Schüler nennen sich Pfauen und tragen petrolfarbende Uniformen mit goldenen Elementen, den Schulfarben des Welten-Express.

Zu seinen Insassen gehören auch Lehrer und Personal. Alle Menschen an Bord können sich in ein und derselben Sprache verständigen. Der Zug fährt währenddessen durch die ganze Welt.

Darum geht es grob

Ein Mädchen namens Flinn wird des Nachts vom Welten-Express aufgegriffen, obwohl sie kein Ticket hat, sprich kein Schüler des Zuges ist. Trotzdem wird ihr eine zweiwöchige Bleibefrist eingeräumt, in der sie am Unterricht teilnehmen darf, Freunde findet und die faszinierende und beängstigende Welt des Welten-Express kennenlernen darf, bevor sie wieder in ihr Zuhause muss.

Ihr persönlicher Antrieb ist es, ihren Halbbruder Jonte zu finden, der ihrer Vermutung nach auch Schüler des geheimnisvollen Zuges war.

Und nun zu mir

Tja, wie fand ich dieses Buch. Ich würde sagen, vorwiegend gut, auch wenn es hier und da noch etwas Bedarf geben würde.

Meine persönlichen negativen Punkte wären: mir gefallen die komischen Vornamen der Leute nicht, ich bin kein Fan der Hauptcharakterin Flinn und der sogenannte Höhepunkt des Buches, ist irgendwie nicht so hoch wie erwartet. Ein paar Situationen waren hervorsehbar und eine bestimmte Situation, die sich zum Ende zeigt und mit der Verwandtschaft von Flinn zu tun hat, ist meiner Meinung nach überflüssig.

Aber ich darf nicht vergessen, dass es sich hierbei a) um einen Kinder-und Jugendbuchroman handelt und nicht um ausgefeilte Erwachsenenliteratur und b) handelt es sich (wenn ich korrekt informiert bin) um das Debüt der Autorin. Und dafür ist die Geschichte und Idee wirklich sehr gut.

An manchen Stellen hat es mich ein wenig an Harry Potter erinnert, was einerseits schön ist, andererseits ein bisschen Ideenklau ist. So gibt es neben den Weltenexpress natürlich auch andere Zauberschulen (neben Hogwarts gab es ja auch Durmstrang und Beauxbatons) oder auf magische Weise verändern sich Bilder etc.

Aber selbstverständlich kommen auch ganz neue Ideen dazu. Das Wort "Magietechnologie" hat hier einen hohen Stellewert und bringt die ganze Zauberei ins 21 Jahrhundert. Es wird nicht mit Zauberstäben gewedelt und auch lernen die Schüler keine Zaubersprüche etc, sondern Werte wie Benehmen oder Strategie werden den Schülern beigebracht.

Typisch ist auch die Dreiecks-Freundschaft zwischen Flinn und einem Jungen und einem Mädchen. Alle sind für sich genommen Außenseiter, aber zusammen ein gutes Team. Und dann gibt es da noch den älteren Kohlenjungen...

Um auf den Punkt zurückzukommen, dass ich nicht ganz so glücklich mit der Hauptcharakterin bin: nun ja, ich bin kein Fan von Menschen, die nicht wissen was sie wollen, die verstockt sind obwohl sie was zu sagen haben. Auch die Art und Weise wie Flinn sich kleidet und gibt lässt Raum für eine Identitätskrise. Die Autorin beschreibt es so:


Zitat

"Sie war ein Mädchen, das zwar gern ein Junge gewesen wäre, sich aber zu Tode schämte, wenn sie für einen gehalten wurde." (S. 11f)


Dennoch passt Flinns Rolle hervorragend ins Buch und die Nebendarsteller machen es rund. Ich fiebere eher mit den Sitekicks mit. Aber ihr müsst selbst herausfinden, wer das ist oder sind.

Übrigens bin ich ebenso ein Fan vom Schulleiter, der so ganz anders ist als Dumbledore (ja schon wieder der HP-Vergleich), aber ich scheine eine Schwäche für magische Schulleiter zu haben, ich finde sie alle in ihrer Art immer irre witzig.

Natürlich möchte ich auch die anderen Bücher der Trilogie lesen, sobald diese erscheinen und kann deswegen auch den "Welten-Express" gut weiter empfehlen.

Der Roman ist kurzweilig und liest sich leicht, ist süß gemacht und spielt sich fast ausschließlich im Zug ab, was die Geschichte für mich besonders gemacht hat.

(Quelle: Der Welten-Express, Anca Sturm, Carlsen Verlag, 14,99 €, ISBN: 978-3-551654113)


Und hier ist noch eine magische Schule (neben HP und dem W-E):

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